Den wichtigsten Gipfel der Wiener Hausberge, also das Klosterwappen als höchste Erhebung des Schneeberges habe ich schon oft besucht. Auf vielen verschiedenen Wegen, wie es sonst nur auf der benachbarten Raxalpe möglich ist, habe ich den höchsten Gipfel Niederösterreichs erreicht. Sogar komplett umrundet habe ich den Schneeberg auf den Grafensteigen. Es ist also nicht leicht etwas für mich Neues zu finden. Eines habe ich jedoch noch nie geschafft, ich stand noch nie bei Sonnenaufgang auf dem Gipfel. Eigentlich wäre das ja einfach mit einer Übernachtung in der Fischerhütte zu erreichen, aber so einfach will ich es auch nicht haben.
Als ich mein Auto auf dem Parkplatz nahe der Galerie Voka in Puchberg abstelle ist es 20 Minuten nach drei Uhr früh. Ich hoffe es sieht mich niemand, als ich meine Bergschuhe anziehe. Die müssten mich ja für verrückt halten, um diese Zeit auf den Schneeberg zu gehen. Trotzdem bin ich eigentlich schon zu spät dran, denn ich habe einen genauen Zeitplan erstellt. Tagwache: 1:30 Uhr, Abfahrt um 2 Uhr, Abmarsch in Puchberg um 3 Uhr. Dann darf ich 3,5 Stunden bis zum Gipfel brauchen, denn Sonnenaufgang ist um 6:32 Uhr. Ich habe also 20 Minuten weniger Zeit für den Aufstieg als geplant.
Als Aufstiegsroute habe ich den Weg neben der Zahnradbahn gewählt. Von manchen als fad bezeichnet, ist er für mich in der Dunkelheit einfacher zu finden. Ich möchte nicht in der Dunkelheit im Wald oder im felsigen Gelände herumstolpern. Der Himmel ist klar, viele Sterne sind zu sehen, der Mond geht erst viel später auf und selbst dann wäre von ihm nicht mal ein Viertel zu sehen. Meine Lampe (LED Lenser) ist stark genug um den Weg auszuleuchten.
Es ist ein eigenartiges Gefühl so allein im Finstern unterwegs zu sein. Die Geräusche wirken viel lauter, ab und zu höre ich eine Kuhglocke, die Warntafeln der Bahn reflektieren mein Licht fast zu grell zurück. Ich gewöhne mich rasch an die ungewohnten Verhältnisse. Hier taucht die Buchtlhütte im Licht der Lampe auf. Buchtln darf ich um diese Zeit nicht erwarten.
Nach der Buchtlstation ist der Weg schmäler, steiniger, aber trotzdem im Licht gut zu erkennen. Bald ist am Horizont ein heller Streifen zu sehen. Bei der Bergstation des Salamanders ist er schon ziemlich breit geworden.
Ich beeile mich jetzt hinaufzukommen, immerhin muss ich 20 Minuten aufholen. Es ist hell genug um ohne Lampe zu gehen, als ich beim Damböckhaus vorbeikomme. Innen brennt Licht, der Wirt ist schin wach, aber ich habe keine Zeit. Schnell weiter hinauf, ich schaffe es gerade noch zum Gipfelkreuz als die Sonne pünktlich erscheint.
Für schöne Bilder könnte ich jetzt ein paar Wolken brauchen, die von der Sonne eingefärbt werden können. Andererseits sollte man sich nicht beschweren, wenn man am Berg einen völlig wolkenlosen Himmel sieht.
Es geht fast zu schnell, eben noch ein kleiner roter Punkt ...
... ein paar Minuten später stehe ich im vollen Sonnenschein.
Wie auch das Gipfelkreuz, das im noch rötlichen Licht ganz eigenartig wirkt.
Die Sonne hat auch die ersten Gipfel der Rax erreicht.
"Wo viel Licht, da viel Schatten" oder "Ein großer Berg wirft auch einen großen Schatten".
Es weht nur ein leichter Wind, trotzdem wird mir langsam kalt. Ich ziehe mich in die Fischerhütte zurück. Anfangs verbellt mich der Hund, er erwartet um diese Zeit noch keine Gäste. Doch dann bekomme ich doch einen heißen Kaffee und einen köstlich schmeckenden Weichsel-Mohn-Kuchen.
Im Puchberger Becken hat sich die Sonne noch nicht durchgesetzt. Sie muss erst noch den Dunst vertreiben.
Ich gehe noch einmal hinüber zum Gipfelkreuz, das jetzt in einem ganz anderen Licht erscheint.
Wenn man so früh auf dem Gipfel ist, kann man einen etwas längeren Rückweg einplanen. Ich steige hier ab, auf der Stadelwandleiten, manchmal auch als Schönleiten bezeichnet. Gegenüber sind die Gräben der Rax jetzt schon gut ausgeleuchtet.
Ich gehe hinunter, überquere den Grafensteig, kurz nach der Forsthütte auf der Märchenwiese ist der Gipfel der Stadelwand.
Der Hochgang liegt unter mir. Links ist der Zapfen des Mittagsteins am Abhang des Feichtabergs zu erkennen. Im Tal geht es über Hischwang nach Reichenau und Payerbach.
Raxkenner sehen hier die Brandschneide, das Kleine und das Große Wolfstal, den Jägerriegel und den Staudengraben.
Weiter nach rechts leuchten die Kornbrandmäuern, die Lechnermauern und die Klobenwand im Sonnenschein.
Auf dem Steig gehe ich noch weiter runter bis zum Sattel vor dem Hochgang. Nach rechts könnte ich durch den Stadelwandgraben ins Höllenthal gelangen. Ich biege nach links ab um zum Brettschachersteig zu kommen. Ganz ohne Markierungen geht es hier auch nicht.
Unterwegs werfe ich noch einen Blick in die schaurigen Tiefen des Wasserofens.
Schon bekannt sind mir die Reste der Jagdhütte Brettschacher. Heute dient mir der Bretterhaufen als Sitzgelegenheit für eine Jause.
Auf der ehemaligen Unteren Schloßalm. Ein Blick hinab in den Krummbachgraben. Ob hier ein Abstieg möglich ist, werde ich demnächst im Aufstieg erforschen. Bei der Abzweigung zum Wassersteig ist eine Warntafel, die für Viele aber nicht für Alle gilt. Ich kenne immerhin mit dem Kuhsteig und dem Brandsteig/Brettschachersteig zwei Wege über die man absteigen könnte.
Der Aufstieg auf die Bretterbodenmauer bleibt mir allerdings auch von dieser Seite versagt.
Diese Rinne ist eventuell einen Versuch wert, von hier auf den Südlichen Grafensteig zu kommen.
Heute komme ich zum Krummbachsattel, wo am Elektrozaun seltsame Baustellensicherungsbänder herumliegen.
Ungeschickt aufgestellt ist auch diese Tafel. Es ist für mich nicht klar für welchs Gebiet sie gilt. "Schrumm, schrumm, wer ..."
Auf meinem Aufstieg zum Krummbachstein sehe und höre ich nichts von Holzarbeiten. Die Tafel wird wohl nur für den Telegrafensteig gelten. Wer genau schaut kann bei der Alpenfreundehütte schon das Gipfelkreuz sehen (links über den Bäumen).
Auch der Krummbachstein ist einer der Gipfel, die ich schon oft besucht habe. Immer wieder schön ist der Blick zum Schneeberg.
Hier sieht man vor allem den Hochgang, den oberen Teil der Stadelwand und den Wald durch den der Brettschachersteig führt.
Das Alpl und die Wiese unterhalb der Buchtlhütte, wo gerade ein Salamander hält.
Heuplacken und Saugraben werden vom Südlichen Grafensteig durchschnitten. Rechts ist auch die Schotterrinne zu sehen, durch welche der Krummholzsteig führt, den ich vor kurzem kennen gelernt habe.
Abwärts geht es über den Diblsteig zum neu gebauten Naturfreundehaus Knofeleben. Die alten Wirte des Hallerhauses sind auch auf der neuen Hütte. Sie sind bekannt für die gute Küche. Daher habe ich meine Mittagspause hier geplant, aber dabei übersehen dass am Montag Ruhetag ist. Mittagessen fällt daher aus. Das Naturfreundehaus Knofeleben ist trotz Ruhetag gut besucht.
Ab jetzt treffe ich nur noch auf sehr elastische Wege. Das heißt, je länger man darauf geht, desto mehr ziehen sie sich in die Länge. Ein sehr schöner Platz ist der Ort, an dem die Forstarbeiterunterkunft Lackaboden steht.
Durch sehr schönen Hochwald und fast eben erreiche ich auf dem "elastischen" Weg den Bürschhof, der heute von Kühen belagert ist. Ich wundere mich, weil Kühe habe ich hier noch nie gesehen, bis ich erkenne dass ich bisher immer nur im Winter da gewesen bin.
Schon vor dem Bürschhof biegt ein blau markierter Weg ab, der hinunter nach Rohrbach leitet. Unterwegs kraxel ich noch auf einen netten Aussichtsfelsen, dann wird der weitere Abstieg wieder sehr "elastisch".
Der Rohrbachgraben ist Marias Land. Hier hat sie einen Weinkeller. Der kann für private Feiern gemietet werden. Der Keller und der Freibereich davor sind sicher eine tolle Location, nur heute ist alles wie ausgestorben.
Das Lokal in Marias Land hatte ich eigentlich für das Abendessen vorgesehen. Auch hier Fehlanzeige, den ausgezeichneten Alpenlachs gibt es nur von Donnerstag bis Sonntag.
Ich habe aber nicht mehr weit, ich muss nur noch hinauf auf den Hauslitzsattel. Was sind schon 200 Höhenmeter? Ein älteres Paar, die ich nach dem kürzesten Weg frage, wollen mich zur Hengsthütte hinauf schicken, das wäre ein großer Umweg. Daher bestätigt sich wieder einmal mein Grundsatz. Frage nie einen Einheimischen um den Weg!
Beim Kreuz auf dem Sattel setze ich mich noch mal hin. Normalerweise sind solche Kreuze Gedenkkreuze für Verstorbene. Diesmal handelt es sich um ein Dankkreuz fürs Überleben. Ich bin einigermassen müde. Der Proviant ist längst aufgebraucht, nur ein paar Schlucke Wasser habe ich noch und die beruhigende Gewissheit, es geht nur noch abwärts.
Meine Strecke auf der KOMPASS Karte Niederösterreich eingezeichnet.
Die Tour war heute doch etwas lang, daher ...
... freue ich mich, mich endlich hinsetzen zu dürfen und die Beine ausstrecken zu können.