Der leichteste Anstieg auf den Ötscher geht von Lackenhof über den Riffelsattel und das Schutzhaus von Westen zum Gipfel. Der etwas alpinere Rauhe Kamm ist auch bekannt und stark frequentiert. Er führt von Osten zum Gipfel. Von Osten rauf und nach Westen runter ist auch die übliche Überschreitung, manchmal auch umgekehrt. Dass der Ötscher von Nord nach Süd überschritten wird, habe ich noch nicht gehört, doch genau das habe ich heute vor. Bei unserer Tausendersammeltour auf den Brandkogel im April 2010 habe ich erstmals diese Nordseite des Ötschers genauer angeschaut. Es gibt mehrere Rinnen, die im Frühjahr als Schiabfahrten genützt werden. Diese ist die Kreuzplan. Hier sollte ich doch raufkommen, wenn kein Schnee mehr liegt?
Als Besonderheit wollte ich meine letzte Tausendertour auf den Taubenstein über diese Route machen und habe mir den Gipfel extra als Letzten aufgehoben. Ich wurde aber mit dem Sammeln früher als gedacht fertig. In der Rinne lag noch Schnee. Warten wollte ich auch nicht mehr, also habe ich den Taubenstein doch vom Riffelsattel aus im April 2011 bestiegen.
Am 5.10.2011 ist herrliches Spätsommerwetter prognostiziert, in ein paar Tagen soll der erste Schnee fallen, höchste Zeit das Versäumte nachzuholen. Bei meiner Ankunft beim Parkplatz Ötscherwiese ist von herrlichem Wetter nichts zu sehen. Ich gehe trotzdem unverdrossen durchs Wassertal auf den Sattel südlich des Brandkogels. Die Einheimischen sind nette Leute. Gleich zweimal werde ich angesprochen. Sie glauben ich finde den Weg zum Raneck nicht. Sie sind es halt gewohnt, dass alle Wanderer zum Rauhen Kamm unterwegs sind. Ich kann beide davon überzeugen, dass ich absichtlich nicht zum Raneck gehe und mich nicht verirrt habe.
Bis zum Sattel geht ein Traktorweg, dann gehe ich einfach weiter bergauf. Manchmal gibt es sogar Markierungen, auch wenn diese sicher nicht für Wanderer gemacht sind.
Dann gehe ich in den Graben hinein. Er ist ziemlich verwachsen. Unter den Stauden liegen Äste und Steine, die man durch den Bewuchs nicht sieht.
Ich wechsle daher auf den linken (in Gehrichtung bergauf) Begrenzungsrücken. Da muss ich zwar auch durch mannshohes Gras, es ist steil und mühsam, aber besser als unten im Graben.
Zum Nebel kommt jetzt noch ein starker Wind dazu. Ich dachte es gibt warmes Spätsommerwetter? Na wenigsten sehe ich tief unten Lackenhof und die Ötscherwiese.
Das Steigen auf dem Kamm war keine gute Idee. Schon weit oben stehe ich vor steilen Felsen, die ich nicht überwinden kann. Nach links ausweichen kann ich auch nicht. Schaut sehr steil auf und ist auch felsdurchsetzt. Daher wende ich mich nach rechts. Da gerate ich genau in die Latschen. Leicht abfallend kraxle ich über und unter den Latschen durch, um in den latschenfreien Graben zu kommen. Hier habe ich es fast geschafft.
Blick hinunter, hier hätte ich raufkommen sollen.
Blick hinauf. Ab hier ist es ein Genuß weiterzusteigen. Ich hätte mir das erste Bild vom April 2010 genauer anschauen sollen, da wäre es genauer zu sehen. Aber nachher ist man halt immer gescheiter.
Ich weiß immer noch nicht, wo ich jetzt genau rauskomme. Erst als kurz vor dem Gipfel der Wind den Nebel verbläst, sehe ich den Taubenstein viel weiter links. Ich bin nicht in der Juckfidelplan wie vermutet, sondern in der Kreuzplan aufgestiegen. Mit einem kleinem Höhenverlust komme ich trotzdem zuerst auf den Taubenstein.
Über den Herrenstand besuche ich natürlich auch noch den Ötschergipfel. Ein wenig Sonne, etwas mehr Nebel und ein kräftiger Wind machen meine Mittagspause nicht sehr komfortabel. Ich halte Ausschau nach meiner Abstiegsroute. Hier will ich runter. Der Blick geht von oben zur Wurzleiten.
Anfangs ist die Wiese weniger steil als erwartet. Angenehm zu gehen und kein Vergleich zum mühsamen Aufstieg. Bevor ich zu den Latschen komme, will ich nach rechts hinunter in das große Kar.
Hier suche ich nach einem Abstieg. Beim ersten Versuch gerate ich in eine nach unter steiler werdende Rinne. Der zweite Versuch bringt mich auf eine Felsstufe, die ich nicht abklettern kann.
Der dritte Versuch gelingt. Ganz knapp neben den Latschen kann ich gefahrlos runter gehen. Hier bereits der Blick zurück.
Vom Kar wird es nach oben immer steiler und endet in einer schmalen Felsrinne. ich käme da weder rauf noch runter.
Da vorne soll irgendwo der Ötscher-Südsteig sein. Ich konnte nicht herausfinden, wo er genau verläuft. Ich muss mir selber meinen Weg suchen. ich versuche oberhalb der Latschen zu bleiben und dort zu gehen, wo ich einen Weg anlegen würde.
Der Rückblick zeigt mir meinen Abstiegsweg, knapp neben dem Latschenfeld (rechts im Bild) ist es am Einfachsten. Zwischen den Bäumen links schaut es schon fast so aus, als ob hier einmal ein Weg gewesen wäre.
Der Blick nach vorne lässt mich daran zweifeln. Es findet sich aber immer eine Möglichkeit bequem weiterzukommen.
Ich komme flott voran. Die Steigspuren werden immer deutlicher. Hier zwischen den Bäumen ist der Weg schon deutlich zu sehen.
Es geht immer weiter durch schönen Hochwald und mehrere Lichtungen. Manchmal glaube ich den Weg verloren zu haben. Wenn ich dort gehe, wo es am leichtesten ausschaut, finde ich immer gleich wieder. Die große Wiese erreiche ich von unten. Meine Informationen haben eine Latschengasse erwähnt, die am oberen Rand der Wiese beginnt und später endet.
Die brauche ich nicht mehr zu suchen. Nach einigen Minuten, der Weg geht jetzt leicht bergauf, sehe ich plötzlich die Hütte beim Hüttenkogel vor mir. ich bin richtig gegangen. Ob das jetzt der richtige (alte) Südsteig war, oder nur einige Wildwechsel kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls war es eine problemlose Verbindung vom Hüttenkogel zum Kar vor der Wurzleiten. Ich habe mir so den Abstieg und langen Wiederanstieg über die Forststraße erspart.
Ich freu mich jetzt auf eine Einkehr im Schutzhaus. Das Haus ist offen, aber Angi und Heli sind nicht da. Mit der Bierklingel kann ich läuten so viel ich will. Nur der Hüttenhund ist da, aber er schaut zum Glück sehr freundlich drein.
Aber steht da nicht "Selbstbedienung"? Vor dem Haus ist die Zapfanlage aufgebaut. Also hier ist mein erstes Selbstgezapftes.
Angi und Heli kommen dann mit dem Sessellift und ihren Vorräten rauf. Sie sind mit dem Auto runtergefahren, dann haben Forstarbeiter die Straße gesperrt, so dass sie nicht mehr rauffahren konnten. Daher wurde extra der Sessellift in Betrieb genommen um die Wirte samt Vorräten zur Hütte zu bringen. Ich gehe natürlich zu Fuß runter zum Riffelsattel ...
... und weiter über die Schipiste. Zweimal ist unten der Weg mit einem roten Bandl gesperrt. Das muss ich leider ignorieren, irgendwie muss ich ja runter und die Motorsägen höre ich weit genug entfernt. Über den Eselweg komme ich zurück zur Ötscherwiese und damit zu meinem Fahrzeug. Es war eine unübliche, aber zumindest für mich sehr interessante Variante zu den sonstigen Ötscherüberschreitungen.
Hier auf der KOMPASS Karte Niederösterreich habe ich, wie immer, meinen zurückgelegten Weg eingezeichnet.